22. Dezember 2021
Susanne Obermaier hat ihr Yogastudio direkt im Kulturhof mit Blick auf die Berge. Ihr Weg führte sie aus dem Turnsport in ihrer Jugend über kleine Umwege zum Yoga. Heute weiß die gelernte Heilpraktikerin ganz genau, welche Rolle der richtige Umgang mit Körper und Seele spielt, warum es wichtig ist, bewusst zu atmen und wie wertvoll die innere Balance ist.
Ich habe jahrelang in Berchtesgaden nach größeren Räumlichkeiten gesucht und als ich dann erfahren habe, dass Bartl Wimmer das alte Grundstück vom Hotel Geiger gekauft hat, dachte ich mir: Ich schreib ihm einfach und frag‘, ob er sich vorstellen könnte, dass ich mit meinem eigenen Yogastudio für die einheimische Bevölkerung dort einziehe und das Angebot für die Gäste des Kulturhof Hotels erweitere. Einige Monate sollten noch ins Land ziehen, bis Bartl mich an einem Sommerabend anrief und fragte: Hast‘ noch Lust, wir wären jetzt soweit! Freilich habe ich sofort zugesagt, habe ich doch über die Zeit gerade mit diesem Projekt sehr, sehr geliebäugelt – und dann ging‘s los. Ich denke so etwas fügt sich, da haben sich einfach die richtigen Leute mit ihren Ideen, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort im Miteinander gefunden.
Die Begegnung von Einheimischen und Auswärtigen, ob bei kulturellen Veranstaltungen, im Gasthaus und Biergarten, bei Festen, oder eben bei mir im Yogaunterricht. Ich sehe das Aufeinandertreffen und Zusammenkommen von„draußen“ und „drinnen“, von unterschiedlichen Generationen, Traditionen und Kulturen, als absolute Bereicherung für den Talkessel und freue mich sehr darauf.
Weil Yoga Körper und Geist bewegt. Das ist meiner Meinung nach auch das, was Yoga vom Sport unterscheidet. Indem ich meinen Körper ausrichte, richtet sich auch mein Geist aus. So wie ich körperlich beweglicher und kräftiger werde, wird auch mein Geist offener und stärker. Neben der zunehmenden körperlichen Fitness die uns das Yoga schenkt, ist gerade diese geistige Beweglichkeit so bedeutend, um den Anforderungen unserer Zeit gewachsen zu sein. Sich zutrauen selbstständig zu denken und zu reflektieren, sich selbst zu erkennen in seiner Kraft und seinen Grenzen, um mit diesem Selbstbewusstsein seinen Platz im Leben zu finden, Ängste abzulegen, Fremdem offen zu begegnen, neue Wege zu gehen, für sich und in Gemeinschaft. Ich wünsche mir, dass meine Arbeit dazu beiträgt dieses Bewusstsein zu stärken.
...dass unser aller Visionen Wirklichkeit geworden sind.
Gemeinschaft ist für mich ein Zusammenleben mit den unterschiedlichsten Talenten und Persönlichkeiten. Gemeinschaft heißt für mich, im Dialog zu sein, um aneinander und miteinander zu wachsen. Eine „Harmonie-Urschel“ war ich in dem Sinne noch nie... (lacht)
In meiner Jugend war ich begeisterte Kunstturnerin, was nicht spurlos an meinem Körper vorüberging. Mitte 20 waren die Folgen in Rücken und Knie deutlich spürbar. Ich fühlte mich jedoch definitiv zu jung, um mich davon in meiner Liebe zur Bewegung in Schranken verweisen zu lassen.
Eine Schulfreundin von mir empfahl mir in dieser Zeit fast schon penetrant „ihr“ Yoga. Mir war das definitiv zu esoterisch und auch einen Guru brauchte ich bestimmt nicht. Dafür bin ich viel zu freiheitsliebend, ich schließe mich nicht gerne einer Gemeinschaft oder Ausrichtung an. Ich bin durchaus neugierig, vielseitig interessiert und probiere gerne aus, um dann für mich zu reflektieren und abzuwägen, was sich für mich stimmig anfühlt und zu meinem Weg passt. Auf einer Heilpraktiker-Fortbildung im Allgäu ist mir dann durch Zufall in einer kleinen Buchhandlung ein Buch von Selvarajan Yesudian mit dem Titel„Sport+Yoga“ in die Hände gefallen. Yesudian ist einer der ersten Yogis, die ihr Wissen in den Westen trugen, als er 1936 nach Ungarn kam, um die europäische Medizin zu studieren. Mit seinen Schriften und dieser Kombination von Yogaphilosophie und Medizin war mein Interesse geweckt, das Yogische-Feuer in mir entfacht! Das anschließende Selbststudium von Yesudians Büchern war für mich der Schlüssel für eine Menge wertvoller Erkenntnisse. Hätte ich allein den Zusammenhang von Atmung, Ausrichtung und Bewegung bereits in meiner aktiven Zeit als Turnerin verstanden, wäre wohl so manche Verletzung ausgeblieben.
Nachdem ich alle Werke Yesudians durchgearbeitet hatte, war ich bereit für einen Lehrer, dem ich mich mit meinem Erkenntnisstand vorstellen wollte, um in meinem Tun und Wissen evt. korrigiert zu werden, oder neue Impulse zubekommen. Im Internet entdeckte ich die Website von Janaki Arnet, einer Salzburger Yogalehrerin deren Werdegang mich faszinierte und bewarb mich um einen Ausbildungsplatz in ihrer Yogalehrer-Ausbildung. Sie lehnte mich ab, da die Ausbildung bereits begonnen hatte und mir der erforderliche Nachweis einer mehrjährigen Praxis unter Anleitung eines zertifizierten Yoga-Lehrers fehlte. Aufgeben kam für mich nicht in Frage und ich buchte einfach eine Einzelstunde bei ihr um mich persönlich vorzustellen.
Im Wohnzimmer auf dem Perserteppich unter dem gestrengen Blick dieser so würdevollen alten Dame, führte sie mich durch eine Reihe von Asanas (Yogahaltungen) und ich stellte ihr all die offenen Fragen aus meinem Selbststudium. Am Ende unserer Sitzung schwieg sie lange und meinte dann: „Du gehörst in diese Ausbildung, lass mich sehen was sich da machen lässt.“ Sie erkannte mir schließlich nach Rücksprache mit der „Amerikanische YogaAlliance“ mein Selbststudium an und ich durfte trotz Verspätung einsteigen. Lediglich mein Kontingent an Fehltagen war für die Dauer der 2 1⁄2 jährigen Ausbildung bereits ausgeschöpft...
Der Unterrichtsstil war streng und fachlich äußerst fundiert. Janaki legte größten Wert auf die genauen Ausrichtungen der einzelnen Haltungen, unterwiess uns in Pranayama (Atemlehre), Meditation und Philosophie. Sie engagierte eine praktizierende Physiotherapeutin, die uns mit der menschlichen Anatomie, sowie typischen orthopädischen Krankheitsbildern und deren Umgang im Unterricht vertraut machte. Selbst in der Linie des Amrit-Yoga beheimatet, ging es ihr nie um eine Nachfolge. Sie lud uns vielmehr ein, gerade über die Vielfalt an Traditionen unseren yogischen Weg zu finden und unseren ganz eigenen Unterrichts-Stil zu entwickeln. Bis heute bin ich ihr zutiefst dankbar dafür.
...bin ich viel in der Natur unterwegs. Ich liebe die Stille und Einsamkeit in den Bergen und fahre genauso gerne ans Meer. Ich umgebe mich gerne mit Musik, singe gerne und spiele selbst ein wenig Gitarre. Gerade jetzt fehlen mir Konzerte, Theaterbesuche und Kleinkunstbühnen sehr. Aber das kommt wieder und dann auch bestimmt zu uns in den Kulturhof...
Damit tu ich mich schwer. Denn schnell geht im Yoga schon mal gar nix und die Effizienz bestimmt sowieso eher unseren Alltag. Es ist die Entschleunigung, das zu sich kommen, die Auseinandersetzung mit sich in der Stille auf körperlicher und geistiger Ebene. Das macht man nicht schnell mal nebenher und das verlangt vielfach nach einer guten Anleitung. Eine grundlegende und wohltuende Übung diesbezüglich ist jedoch, täglich ein paar Atemzüge lang ganz bewusst, ruhig und tief zu atmen.
Das könnten wohl meine Schüler*innen besser beantworten... Ich denke, meinen Unterricht zeichnet die Verbindung der Yogaphilosophie mit unseren westlichen,,medizinischen und psychologischen Erkenntnissen aus. Ob das Tönen zu Beginn, oder die Bedeutung der Chakren, die Wirkung bestimmter Atemübungen und Körperhaltungen, unsere Erfahrungen in der Meditation, all das ist medizinisch und/oder psychologisch erklärbar. Ich biete beides an, mache dadurch yogische Traditionen für westliche Analytiker verständlicher und schenke gleichzeitig unserer Verkopftheit die bunte bildhafte yogische Sprache, den Fokus auf Atem und körperliches Üben, damit der Geist endlich einmal ausruhen kann. So ergänzen sich Kulturen wunderbar, wird Fremdes vertraut, rutscht die Welt ein Stück zusammen.